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Dienstag, 15. Januar 2013
Herr Lehmann
dermensch, 20:42h
Ein markerschütterndes Schellen reißt Lehmann aus seinen Traum.
Sein Herz pocht laut und unkontrolliert. Wer steht da vor der Tür?
„Herr Lehmann?“
Eine barsche Stimme, die durch jede Ritze seiner Behausung fährt.
„Herr Lehmann!“
Noch einmal.
„Ja. Ja.“
Lehmann kämpft sich mühevoll aus seinem Bett. Öffnet schwerfällig die Tür einen Spalt breit.
Frau Mazschek, die Alte schon wieder. Lehmann kämpft mit dem Drang die Tür wieder zuzuschlagen.
Entschlossen drängelt sie gegen die Tür und hält ihm ein Päckchen unter die Nase.
„Wurde heute Morgen für sie abegegeben. Habe mir schon gedacht, dass sie noch geschlafen haben. Aber jetzt um diese Uhrzeit?...“ Ihr Blick fällt an Lehmann herunter. Er trägt nur eine ausgeleierte Sporthose und ein Unterhemd.
Ein Unterhemd mit Flecken.
Ein Schulterzucken und er nimmt das Päckchen entgegen.
Neugierig steckt Frau Mazschek den Kopf in seine Wohnung. „Was riecht denn hier so?“
Lehmann drückt gegen die Tür, bis sie schließlich im letzten Moment den Kopf einzieht.
„… Eine Frechheit!“ hört er sie draußen keifen, nachdem die Haustür laut ins Schloss gefallen ist.
Egal.
Viel mehr interessiert Lehmann das schwere Päckchen, das nun zu seinen Füßen liegt.
Wenige Augenblicke später hat Lehmann eine Schere geholt und die störende Pappe beiseite geklappt.
Ganz oben auf ein Brief mit Tinte geschrieben:
_„Eine Warnung an den Empfänger: Das Leben ist zu kurz, um die Vergangenheit auf sich wirken zu lassen.“_
Lehmann lässt die kryptische Botschaft auf den Boden sinken und betrachtet den nun frei liegenden Inhalt des Päckchens.
Mehrere , zusammenhangslose Gegenstände. Lehmann ist verwirrt. Zunächst.
Dann nimmt er einen Stein zur Hand. Einen großen Pflasterstein.
Ein Schneeball trifft Lehmann am Kopf. Kinderlachen.
Lehmann auf dem Heimweg von der Schule.
Schneebehangene Bäume im Winter `79.
Die Mutter hat Linseneintopf gekocht. Linseneintopf mit Würstchen.
Ihr Lächeln in Nahaufnahme.
Lehmann vor einem dreckigen Bahnhofsklo mit Fixern. Eine Servierte mit Kuchen in der Hand.
Lehmann auf dem Rummel mit seiner kleinen Schwester.
Rosafarbene Zuckerwatte. Graue Wolken.
Er erwacht durch ein Krachen. Der Stein ist ihm aus der Hand gefallen und auf dem Boden aufgeschlagen.
Frau Mazschek flucht.
Lehmann wankt, spürt die raue Tapete an seinen Händen.
Er greift zum nächsten Gegenstand. Eine Taubenfeder.
Seine Finger fahren die fragile Form nach, ertasten die weiche Oberfläche.
Unter seinen Füßen ist weißer Kies.
Lehmann sitzt auf einer grünen Bank im Krankenhauspark, die Feder in den Händen.
Schwarze Schuhe auf weißem Kies, als er nach unten sieht.
Dann sonnenbeschiene Bäume in einem Wald. Der feste, unebene Waldboden drückt in Lehmanns Rücken. Der Duft von Sommer in seiner Nase.
Dann Abgase.
Lehmann in Berlin Mitte. Gemeinsam mit seiner Exfrau Petra mit einem großen Sommerhut.
Sonnenstrahlen auf Lehmanns Gesicht.
Dann: Ein Brillengestell.
Das Sterbebett seiner kranken Schwester. Unzählige Schläuche und Gerätschaften.
Die weiße Bettwäsche, ihre blasse Hand auf seiner.
Sonnengebräunte Mitarbeiter. Lehmann wird von seinem Chef entlassen.
Lehmann am Grab.
Lehmann wieder im Wald.
Schneebehangene Bäume im Winter `94.
Schneebehangene Bäume im Winter `95.
Lehmann steht unschlüssig am Straßenrand, ihm gegenüber sein ehemaliges Zuhause. Die Sonne auf dem weißen Schnee, der Kontrast zu dem schwarzen Asphalt.
Der harte Holzboden an Lehmanns Wange, als er die Augen öffnet.
Ein durchdringendes Geräusch. Es schellt an der Tür.
Frau Mazschek?
Einen Spaltbreit öffnet Lehmann die Tür erneut.
Niemand.
Ein erneutes lautes Schellen, das durch sein Bewusstsein dringt.
Lehmann erwacht in seinem Bett.
(c)
Sein Herz pocht laut und unkontrolliert. Wer steht da vor der Tür?
„Herr Lehmann?“
Eine barsche Stimme, die durch jede Ritze seiner Behausung fährt.
„Herr Lehmann!“
Noch einmal.
„Ja. Ja.“
Lehmann kämpft sich mühevoll aus seinem Bett. Öffnet schwerfällig die Tür einen Spalt breit.
Frau Mazschek, die Alte schon wieder. Lehmann kämpft mit dem Drang die Tür wieder zuzuschlagen.
Entschlossen drängelt sie gegen die Tür und hält ihm ein Päckchen unter die Nase.
„Wurde heute Morgen für sie abegegeben. Habe mir schon gedacht, dass sie noch geschlafen haben. Aber jetzt um diese Uhrzeit?...“ Ihr Blick fällt an Lehmann herunter. Er trägt nur eine ausgeleierte Sporthose und ein Unterhemd.
Ein Unterhemd mit Flecken.
Ein Schulterzucken und er nimmt das Päckchen entgegen.
Neugierig steckt Frau Mazschek den Kopf in seine Wohnung. „Was riecht denn hier so?“
Lehmann drückt gegen die Tür, bis sie schließlich im letzten Moment den Kopf einzieht.
„… Eine Frechheit!“ hört er sie draußen keifen, nachdem die Haustür laut ins Schloss gefallen ist.
Egal.
Viel mehr interessiert Lehmann das schwere Päckchen, das nun zu seinen Füßen liegt.
Wenige Augenblicke später hat Lehmann eine Schere geholt und die störende Pappe beiseite geklappt.
Ganz oben auf ein Brief mit Tinte geschrieben:
_„Eine Warnung an den Empfänger: Das Leben ist zu kurz, um die Vergangenheit auf sich wirken zu lassen.“_
Lehmann lässt die kryptische Botschaft auf den Boden sinken und betrachtet den nun frei liegenden Inhalt des Päckchens.
Mehrere , zusammenhangslose Gegenstände. Lehmann ist verwirrt. Zunächst.
Dann nimmt er einen Stein zur Hand. Einen großen Pflasterstein.
Ein Schneeball trifft Lehmann am Kopf. Kinderlachen.
Lehmann auf dem Heimweg von der Schule.
Schneebehangene Bäume im Winter `79.
Die Mutter hat Linseneintopf gekocht. Linseneintopf mit Würstchen.
Ihr Lächeln in Nahaufnahme.
Lehmann vor einem dreckigen Bahnhofsklo mit Fixern. Eine Servierte mit Kuchen in der Hand.
Lehmann auf dem Rummel mit seiner kleinen Schwester.
Rosafarbene Zuckerwatte. Graue Wolken.
Er erwacht durch ein Krachen. Der Stein ist ihm aus der Hand gefallen und auf dem Boden aufgeschlagen.
Frau Mazschek flucht.
Lehmann wankt, spürt die raue Tapete an seinen Händen.
Er greift zum nächsten Gegenstand. Eine Taubenfeder.
Seine Finger fahren die fragile Form nach, ertasten die weiche Oberfläche.
Unter seinen Füßen ist weißer Kies.
Lehmann sitzt auf einer grünen Bank im Krankenhauspark, die Feder in den Händen.
Schwarze Schuhe auf weißem Kies, als er nach unten sieht.
Dann sonnenbeschiene Bäume in einem Wald. Der feste, unebene Waldboden drückt in Lehmanns Rücken. Der Duft von Sommer in seiner Nase.
Dann Abgase.
Lehmann in Berlin Mitte. Gemeinsam mit seiner Exfrau Petra mit einem großen Sommerhut.
Sonnenstrahlen auf Lehmanns Gesicht.
Dann: Ein Brillengestell.
Das Sterbebett seiner kranken Schwester. Unzählige Schläuche und Gerätschaften.
Die weiße Bettwäsche, ihre blasse Hand auf seiner.
Sonnengebräunte Mitarbeiter. Lehmann wird von seinem Chef entlassen.
Lehmann am Grab.
Lehmann wieder im Wald.
Schneebehangene Bäume im Winter `94.
Schneebehangene Bäume im Winter `95.
Lehmann steht unschlüssig am Straßenrand, ihm gegenüber sein ehemaliges Zuhause. Die Sonne auf dem weißen Schnee, der Kontrast zu dem schwarzen Asphalt.
Der harte Holzboden an Lehmanns Wange, als er die Augen öffnet.
Ein durchdringendes Geräusch. Es schellt an der Tür.
Frau Mazschek?
Einen Spaltbreit öffnet Lehmann die Tür erneut.
Niemand.
Ein erneutes lautes Schellen, das durch sein Bewusstsein dringt.
Lehmann erwacht in seinem Bett.
(c)
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