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Sonntag, 10. Februar 2013
Hamlets Tod - Epilog
dermensch, 22:32h
Letztendlich standen wir da.
Irgendwie ist das Leben ja nun doch wie ein Puzzle, was sich langsam zusammensetzt.
Und am Ende fehlt doch ein Stein.
Oder man stellt fest, dass es sich gar nicht um ein Puzzle handelte.
So ist es.
Das Leben.
Da standen wir uns gegenüber.
Auf dem verwitterten Bahngleisen.
Irgendwo zwischen Paris und Moskau.
Irgendwo, wo gerade die Sonne aufging.
Hinter den blassen Hügeln in der Ferne.
Ich fragte mich kurz wie viel ich in meinem Leben bereits gesehen hatte.
Ob das das letzte Bild sein würde.
Und, ob es schön war.
Hamlet nahm die Waffe.
„Du warst nie ein guter Schauspieler, mein Freund.“
Ich nickte stumm.
Betrachtete den Horizont, so weit, wie er sichtbar war.
Und auch ich nahm die schwere Waffe zur Hand.
„Macht es denn einen Unterschied? Ob ich lüge, die Wahrheit sage, schauspielere, lache, weine, schreie? Kommt es nicht auf das selbe heraus? Sind wir nicht alle wie Sandkörner an der Küste des Ozeans und wissen nicht um uns selbst, geschweige denn von den anderen?“
Kaltes Metall in meiner Hand. „Ich bin so müde.“
Hamlet betrachtet mich einen Augenblick.
Wehleidig.
„Was du sagst ergibt keinen Sinn. Los jetzt.“
Wir wandten uns voneinander ab.
Keine Sekundanten.
So ist das Leben.
Ungerecht und ohne Sekundanten.
Einstimmig begannen wir zu zählen. Uns schrittweise zu entfernen.
„Eins…“
Kein Laut über den morgendlichen Hügeln.
Nur unsere zerreißenden Stimmen.
„… Zwei…“
Wie eine unbeugsame Melodie.
Schön artig im Takt, wie man es uns gelehrt hatte.
„… Drei…“
Die Waffe in meiner Hand wog schwer.
Schwer. Wie die Last des Lebens.
„… Vier…“
Ich musste an die Kugeln denken.
„… Fünf…“
Bewusst atmete ich die Luft ein.
Spürte, wie sie meine Lungen füllte.
„… Sechs…“
Den Puls, der durch meine Adern jagte.
Die ersten Strahlen der Morgensonne.
„… Sieben…“
Ich musste an die Zahlen denken.
Zahlwörter. Was für eine Absurdität jetzt.
„… Acht…“
Das ist das Leben.
„… Neun…“
Leben und sterben.
„… Zehn!“
Ich spürte
Nichts.
Die Sonne.
Sie stieg über die Hügel, brachte Licht in das Dunkel.
Erhob sich über die Szenerie.
Es machte keinen Unterschied.
Es machte keinen Unterschied, das wird sie jedem Morgen tun.
Es machte keinen Unterschied,
Aber.
Sie war so hell.
So scheinend, so einmalig.
Letztendlich standen wir da.
Die Hände am Schlaghahn.
Ein entsetzlicher Schrei.
Aus meiner Kehle
Seiner Kehle.
(c)
Irgendwie ist das Leben ja nun doch wie ein Puzzle, was sich langsam zusammensetzt.
Und am Ende fehlt doch ein Stein.
Oder man stellt fest, dass es sich gar nicht um ein Puzzle handelte.
So ist es.
Das Leben.
Da standen wir uns gegenüber.
Auf dem verwitterten Bahngleisen.
Irgendwo zwischen Paris und Moskau.
Irgendwo, wo gerade die Sonne aufging.
Hinter den blassen Hügeln in der Ferne.
Ich fragte mich kurz wie viel ich in meinem Leben bereits gesehen hatte.
Ob das das letzte Bild sein würde.
Und, ob es schön war.
Hamlet nahm die Waffe.
„Du warst nie ein guter Schauspieler, mein Freund.“
Ich nickte stumm.
Betrachtete den Horizont, so weit, wie er sichtbar war.
Und auch ich nahm die schwere Waffe zur Hand.
„Macht es denn einen Unterschied? Ob ich lüge, die Wahrheit sage, schauspielere, lache, weine, schreie? Kommt es nicht auf das selbe heraus? Sind wir nicht alle wie Sandkörner an der Küste des Ozeans und wissen nicht um uns selbst, geschweige denn von den anderen?“
Kaltes Metall in meiner Hand. „Ich bin so müde.“
Hamlet betrachtet mich einen Augenblick.
Wehleidig.
„Was du sagst ergibt keinen Sinn. Los jetzt.“
Wir wandten uns voneinander ab.
Keine Sekundanten.
So ist das Leben.
Ungerecht und ohne Sekundanten.
Einstimmig begannen wir zu zählen. Uns schrittweise zu entfernen.
„Eins…“
Kein Laut über den morgendlichen Hügeln.
Nur unsere zerreißenden Stimmen.
„… Zwei…“
Wie eine unbeugsame Melodie.
Schön artig im Takt, wie man es uns gelehrt hatte.
„… Drei…“
Die Waffe in meiner Hand wog schwer.
Schwer. Wie die Last des Lebens.
„… Vier…“
Ich musste an die Kugeln denken.
„… Fünf…“
Bewusst atmete ich die Luft ein.
Spürte, wie sie meine Lungen füllte.
„… Sechs…“
Den Puls, der durch meine Adern jagte.
Die ersten Strahlen der Morgensonne.
„… Sieben…“
Ich musste an die Zahlen denken.
Zahlwörter. Was für eine Absurdität jetzt.
„… Acht…“
Das ist das Leben.
„… Neun…“
Leben und sterben.
„… Zehn!“
Ich spürte
Nichts.
Die Sonne.
Sie stieg über die Hügel, brachte Licht in das Dunkel.
Erhob sich über die Szenerie.
Es machte keinen Unterschied.
Es machte keinen Unterschied, das wird sie jedem Morgen tun.
Es machte keinen Unterschied,
Aber.
Sie war so hell.
So scheinend, so einmalig.
Letztendlich standen wir da.
Die Hände am Schlaghahn.
Ein entsetzlicher Schrei.
Aus meiner Kehle
Seiner Kehle.
(c)
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Freitag, 8. Februar 2013
Herr Lehmann unter den Sternen
dermensch, 23:00h
Pulsierende Bässe dringen durch Lehmanns Körper.
_Am Puls der Zeit._ Denkt er.
Er findet sich auf einem alten, abgenutzten Ledersofa wieder.
Tanzende, lachende Menschen vor ihm.
Wie ist er nur hierhergelangt?
Die Luft ist stickig.
Es wird geraucht.
Geraucht und gelacht.
„Hey!“
Ein Mädchen lässt sich neben ihm auf die Couch fallen.
Ihr kurzer Rock und ihr Ausschnitt lassen tief blicken.
Lassen nicht viel zu interpretieren.
Lehmann runzelt die Stirn und sie lächelt ihn an.
Die Leere in seinem Inneren spiegelt sich
In den leeren Augen, die ihn anlächeln.
Er antwortet nicht.
Starrt sie einfach nur an.
Sie beugt sich zu seinem Ohr.
Schreit.
„Wollen wir tanzen?“
Über den lauten, wummernden Bässen.
Alkohol in ihrer Stimme.
Lehmann schüttelt den Kopf und deutet auf den Ausgang.
Er muss raus.
Wieder einmal.
Wie aus einem Traum erscheinen Bilder vor seinem inneren Auge.
Leiber auf dem seinigen. Versperren den Ausweg.
Er schüttelt erneut den Kopf um die Bilder loszuwerden und erhebt sich.
Die schwere Metalltür fällt hinter ihm ins Schloss.
Die Bässe sind leiser, melodischer.
Frische Nachtluft erfüllt seine Lungen.
Erneut werden die Geräusche lauter.
Das Mädchen ist Lehmann gefolgt.
„Hey, wo willst du hin?“
Er schaut sie an.
Dann betrachtet er seine Füße.
Ja, wo wollen sie ihn bloß hintragen?
„Ich will an keinen Ort.“ Antwortet er bloß und wendet sich ab.
Sie lacht. „Bist echt ein komischer Kauz!“
Ein ganz naiver Tonfall.
Ja, Lehmann.
Lehmann ist wirklich ein komischer Kauz.
„Ja.“ Sagt er.
Lehmann geht.
Stille.
Lehmann vergräbt die Hände in den Taschen seiner Jacke.
Dann
Schnelle Schritte hinter ihm.
Das Geräusch von High Heels auf Asphalt.
„Ich komme mit.“ Ein Lachen.
Lehmann seufzt.
Er schaut in eine lächelnde Grimasse.
„Mhm.“
„Bist aber nicht sehr gesprächig.“
War das ein Vorwurf?
Lehmann kramt in seiner Tasche.
Bingo.
Er fischt eine Schachtel Zigaretten aus seiner Jacke.
Aber kein Feuer.
Mist.
Immer diese Probleme mit den Elementen.
„Erzähl mal, wie heißt du?“
„Lehmann.“
„Aha.. ja..?“
Lehmann schaut auf zum sternenklaren Nachthimmel über der Stadt.
„Ja.“ Antwortet er. „Wollen Sie noch meinen Ausweis sehen oder was?“
Kalte Nachtluft zwischen ihnen.
Sie kichert.
„Mich hat noch nie jemand gesiezt.“
Lehmann betrachtet das kindliche Gesicht.
„Glaub‘ ich gerne.“ Murmelt er, während sie sich den BH in ihrem winzigen Top zurechtzupft.
„Was?“
„Glaube ich gerne.“ Wiederholt er. Diesmal betonter.
„Was soll das denn heißten? Ich bin schon volljährig!“
Lehmann schüttelt den Kopf und stößt dabei die Luft aus.
Sie kommen an einem Parkplatz vorbei.
Ein paar betrunkene Jugendliche.
„Erzähl‘ was über dich!“ Drängt Lehmanns Begleiterin.
„Mh.“
Lehmann muss sich kurz sammeln.
Wer oder was ist er denn?
Er schaut an sich herunter.
„Ich bin ein Mensch.“
Stellt er fest.
Beinahe so, als wäre es das erste Mal, dass ihm das auffällt.
Das Mädchen seufzt theatralisch.
„Das sehe ich doch!“ Sie gestikuliert wild „Was machst du so?“
„Leben. Leben und zugleich auch sterben.“
„Man, du bist echt unheimlich!“
Unheimlich.
„Nicht ich bin unheimlich.“ Er schaut sie an.
Kalter Wind zerzaust ihr kurzes Haar.
Verwirrt und verstimmt blickt sie auf die Straße.
„Warum warst du eigentlich im Liberté?“
Ein kurzes Lächeln fliegt über seine Züge.
„Freiheit?“
Den Begriff hat Lehmann schon lange nicht mehr gehört.
Und nun ausgerechnet an diesem Abend.
Von dieser Person.
„Hä?“
Seine junge Begleiterin scheint nicht zu verstehen.
„Du hast doch was von Freiheit gesagt.“
„Ach, ich meine doch den Club.“
Ach so.
Was für ein unpassender Name.
Lehmann muss an die schwere Metalltür des Clubs denken.
Die lauten, hämmernden Bässe.
Die lachenden Menschen.
Er schüttelt den Kopf.
„Sag schon!“
Lehmann bleibt stehen.
Mitten auf der Kreuzung.
Mitten irgendwo in dieser alkoholisierten Stadt.
Der verklärten Stadt.
Der lachenden Stadt.
Ein primitives, wehmütiges, falsches Lachen.
„Die Leute glauben ich sei verrückt…“
Beginnt er.
Das Mädchen ist stehen geblieben und starrt ihn an.
Sein Blick ist zum Himmel gerichtet.
Lehmann relativiert zum großen Nexus.
Lehmann unter dem Sternenhimmel.
Eine nervöse Stimme unterbricht ihn.
„Komm von der Straße runter…“
Nein.
Er nimmt Platz.
Auf dem dunklen Asphalt der Stadt.
„Hey“ Die Stimme des Mädchens überschlägt sich. „Du brauchst mir nichts zu beweisen…“
„Beweisen.“ Lehmann lacht. „Ich habe Sie nicht einmal gebeten mir zu folgen.“
„Aber…“ Luft wird, halb nervös, halb aufgebracht, ausgestoßen. „Das ist doch nicht normal!“
„Was ist denn schon normal?“
Lehmann speit die Worte aus.
Betrachtet den knapp bekleideten, vollgedröhnte Menschen.
Dieser Mensch.
„Aber Sie haben vollkommen recht. Normal wäre es gewesen, wenn Sie jetzt meinen Schwanz in Ihrem Mund hätten.“
Sie macht empört einen Schritt zurück.
„Perversling!“
Er schüttelt ruhig den Kopf und schaut zu den Sternen.
„Das kann ich nur zurückgeben.“
Sie läuft aufgebracht davon.
Lehmann alleine unter dem Sternenhimmel in der tristen Stadt.
Lehmann alleine auf dem Asphalt.
Lebend und Sterbend.
(c)
_Am Puls der Zeit._ Denkt er.
Er findet sich auf einem alten, abgenutzten Ledersofa wieder.
Tanzende, lachende Menschen vor ihm.
Wie ist er nur hierhergelangt?
Die Luft ist stickig.
Es wird geraucht.
Geraucht und gelacht.
„Hey!“
Ein Mädchen lässt sich neben ihm auf die Couch fallen.
Ihr kurzer Rock und ihr Ausschnitt lassen tief blicken.
Lassen nicht viel zu interpretieren.
Lehmann runzelt die Stirn und sie lächelt ihn an.
Die Leere in seinem Inneren spiegelt sich
In den leeren Augen, die ihn anlächeln.
Er antwortet nicht.
Starrt sie einfach nur an.
Sie beugt sich zu seinem Ohr.
Schreit.
„Wollen wir tanzen?“
Über den lauten, wummernden Bässen.
Alkohol in ihrer Stimme.
Lehmann schüttelt den Kopf und deutet auf den Ausgang.
Er muss raus.
Wieder einmal.
Wie aus einem Traum erscheinen Bilder vor seinem inneren Auge.
Leiber auf dem seinigen. Versperren den Ausweg.
Er schüttelt erneut den Kopf um die Bilder loszuwerden und erhebt sich.
Die schwere Metalltür fällt hinter ihm ins Schloss.
Die Bässe sind leiser, melodischer.
Frische Nachtluft erfüllt seine Lungen.
Erneut werden die Geräusche lauter.
Das Mädchen ist Lehmann gefolgt.
„Hey, wo willst du hin?“
Er schaut sie an.
Dann betrachtet er seine Füße.
Ja, wo wollen sie ihn bloß hintragen?
„Ich will an keinen Ort.“ Antwortet er bloß und wendet sich ab.
Sie lacht. „Bist echt ein komischer Kauz!“
Ein ganz naiver Tonfall.
Ja, Lehmann.
Lehmann ist wirklich ein komischer Kauz.
„Ja.“ Sagt er.
Lehmann geht.
Stille.
Lehmann vergräbt die Hände in den Taschen seiner Jacke.
Dann
Schnelle Schritte hinter ihm.
Das Geräusch von High Heels auf Asphalt.
„Ich komme mit.“ Ein Lachen.
Lehmann seufzt.
Er schaut in eine lächelnde Grimasse.
„Mhm.“
„Bist aber nicht sehr gesprächig.“
War das ein Vorwurf?
Lehmann kramt in seiner Tasche.
Bingo.
Er fischt eine Schachtel Zigaretten aus seiner Jacke.
Aber kein Feuer.
Mist.
Immer diese Probleme mit den Elementen.
„Erzähl mal, wie heißt du?“
„Lehmann.“
„Aha.. ja..?“
Lehmann schaut auf zum sternenklaren Nachthimmel über der Stadt.
„Ja.“ Antwortet er. „Wollen Sie noch meinen Ausweis sehen oder was?“
Kalte Nachtluft zwischen ihnen.
Sie kichert.
„Mich hat noch nie jemand gesiezt.“
Lehmann betrachtet das kindliche Gesicht.
„Glaub‘ ich gerne.“ Murmelt er, während sie sich den BH in ihrem winzigen Top zurechtzupft.
„Was?“
„Glaube ich gerne.“ Wiederholt er. Diesmal betonter.
„Was soll das denn heißten? Ich bin schon volljährig!“
Lehmann schüttelt den Kopf und stößt dabei die Luft aus.
Sie kommen an einem Parkplatz vorbei.
Ein paar betrunkene Jugendliche.
„Erzähl‘ was über dich!“ Drängt Lehmanns Begleiterin.
„Mh.“
Lehmann muss sich kurz sammeln.
Wer oder was ist er denn?
Er schaut an sich herunter.
„Ich bin ein Mensch.“
Stellt er fest.
Beinahe so, als wäre es das erste Mal, dass ihm das auffällt.
Das Mädchen seufzt theatralisch.
„Das sehe ich doch!“ Sie gestikuliert wild „Was machst du so?“
„Leben. Leben und zugleich auch sterben.“
„Man, du bist echt unheimlich!“
Unheimlich.
„Nicht ich bin unheimlich.“ Er schaut sie an.
Kalter Wind zerzaust ihr kurzes Haar.
Verwirrt und verstimmt blickt sie auf die Straße.
„Warum warst du eigentlich im Liberté?“
Ein kurzes Lächeln fliegt über seine Züge.
„Freiheit?“
Den Begriff hat Lehmann schon lange nicht mehr gehört.
Und nun ausgerechnet an diesem Abend.
Von dieser Person.
„Hä?“
Seine junge Begleiterin scheint nicht zu verstehen.
„Du hast doch was von Freiheit gesagt.“
„Ach, ich meine doch den Club.“
Ach so.
Was für ein unpassender Name.
Lehmann muss an die schwere Metalltür des Clubs denken.
Die lauten, hämmernden Bässe.
Die lachenden Menschen.
Er schüttelt den Kopf.
„Sag schon!“
Lehmann bleibt stehen.
Mitten auf der Kreuzung.
Mitten irgendwo in dieser alkoholisierten Stadt.
Der verklärten Stadt.
Der lachenden Stadt.
Ein primitives, wehmütiges, falsches Lachen.
„Die Leute glauben ich sei verrückt…“
Beginnt er.
Das Mädchen ist stehen geblieben und starrt ihn an.
Sein Blick ist zum Himmel gerichtet.
Lehmann relativiert zum großen Nexus.
Lehmann unter dem Sternenhimmel.
Eine nervöse Stimme unterbricht ihn.
„Komm von der Straße runter…“
Nein.
Er nimmt Platz.
Auf dem dunklen Asphalt der Stadt.
„Hey“ Die Stimme des Mädchens überschlägt sich. „Du brauchst mir nichts zu beweisen…“
„Beweisen.“ Lehmann lacht. „Ich habe Sie nicht einmal gebeten mir zu folgen.“
„Aber…“ Luft wird, halb nervös, halb aufgebracht, ausgestoßen. „Das ist doch nicht normal!“
„Was ist denn schon normal?“
Lehmann speit die Worte aus.
Betrachtet den knapp bekleideten, vollgedröhnte Menschen.
Dieser Mensch.
„Aber Sie haben vollkommen recht. Normal wäre es gewesen, wenn Sie jetzt meinen Schwanz in Ihrem Mund hätten.“
Sie macht empört einen Schritt zurück.
„Perversling!“
Er schüttelt ruhig den Kopf und schaut zu den Sternen.
„Das kann ich nur zurückgeben.“
Sie läuft aufgebracht davon.
Lehmann alleine unter dem Sternenhimmel in der tristen Stadt.
Lehmann alleine auf dem Asphalt.
Lebend und Sterbend.
(c)
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Donnerstag, 7. Februar 2013
Oh Johnny.
dermensch, 13:40h
Wir saßen auf einem Felsvorsprung. So klein kam man sich vor in Anbetracht dieser starr gewordenen Naturgewalt. Johnny hatte ein kleines Kofferradio mitgebracht und wir hörten den metallischen Sound aus den kleinen Lautsprechern. Ich stieß eine leere Bierdose an und sie rollte von dem Vorsprung. Man hörte das laute Geräusch, das von dem Verbeulen des Metalls kam, während sie viele Meter tief den Steinabhang hinunterfiel. Eddie lachte. Ein pubertäres, aufmüpfiges Lachen. Ein Lachen, dass verbergen sollte, wie sehr er sich fürchtete. Eddie. Womöglich würde es ihm eines Tages doch leid tun, dass er sich mit uns abgab. Aber das war mir gleichgültig. Er war mir so gleichgültig. Alles war mir so gleichgültig.
Aus dem Radio drang eine bekannte Melodie, doch so fremd in meinen Ohren. Wie unpassend sie hier zu hören. Wie unpassend, alles.
Ich zog an meinen Joint. Bald werde ich auch das nicht mehr spüren, dachte ich. Johnny gab ein müdes Lachen von sich. Was er wohl gerade gedacht hatte.
Ich fuhr mir mit der Hand über meinen Kopf, mein Kopf, der jetzt mit frischem Flaum bedeckt war. Dieses unvergleichbar weiche Gefühl, wenn sie wieder nachwachsen. Auch Eddie hatte sich die Haare abrasiert. Wahrscheinlich um dazuzugehören, was in Anbetracht der Situation ziemlich bitter war – erbärmlich sogar.
Johnny begann unvermittelt zu erzählen „Ist unser Leben zu kurz, oder das der anderen zu lang? Wisst ihr, ich habe nicht das Gefühl etwas verpasst zu haben. Ganz und gar nicht. Ich sitze hier und genieße jeden Augenblick mit der Hingabe eines Sterbenden. Es ist ein ganz besonderes Gefühl. Plötzlich ist alles Treiben der Welt so Nichtig und es gibt nichts mehr, was mir Angst macht.“ Er stand auf. Durch die tief stehende Abendsonne zog sich sein Schatten lang. Er ging ganz nach vorne, ganz dicht an den Abgrund und breitete die Arme auseinander. „Und jeder Atemzug wird zu etwas ganz Bedeutsamen, als hätte er seine ganz eigene Welt. Sollte man nicht so leben? Ist es nicht das, was den anderen Menschen fehlt?“ Eddie schwieg. Ich lehnte den Kopf gegen den kalten Felsen. „Irgendwann werden wir alle drauf gehen. Früher oder später. Alle.“ „Auch Chuck Norris?“ giggelte Eddie. Johnny beachtete ihn gar nicht und begann auf der Kante des Felsvorsprunges, auf dem wir saßen, zu balancieren. „Die eigenen Schmerzen sind zu ertragen, aber die der anderen nicht. Was wenn ich jetzt abstürze? Würde es nicht Monate, Jahre des Leidens ersparen? …“ Er hielt inne „Wenn man weiß, dass man sterben wird, ist alles so viel einfacher.“ Er stand nur im T-Shirt da, sein Atem schlug weiße Wölkchen in den abendlichen Himmel. „Keine Regel hat mehr Gewicht. Keine Konvention“ Er lachte „Die Konsequenzen werde ich nie zu spüren bekommen.“ Er kam mit großen Schritten wieder auf mich zu. „Verstehst Du man?“ Wieder das Lachen. Ich zuckte mit den Schultern, anteilslos wie immer.
Am nächsten Tag war der Felsvorsprung verwaist. Und Johnnys Bett auch.
(c)
Aus dem Radio drang eine bekannte Melodie, doch so fremd in meinen Ohren. Wie unpassend sie hier zu hören. Wie unpassend, alles.
Ich zog an meinen Joint. Bald werde ich auch das nicht mehr spüren, dachte ich. Johnny gab ein müdes Lachen von sich. Was er wohl gerade gedacht hatte.
Ich fuhr mir mit der Hand über meinen Kopf, mein Kopf, der jetzt mit frischem Flaum bedeckt war. Dieses unvergleichbar weiche Gefühl, wenn sie wieder nachwachsen. Auch Eddie hatte sich die Haare abrasiert. Wahrscheinlich um dazuzugehören, was in Anbetracht der Situation ziemlich bitter war – erbärmlich sogar.
Johnny begann unvermittelt zu erzählen „Ist unser Leben zu kurz, oder das der anderen zu lang? Wisst ihr, ich habe nicht das Gefühl etwas verpasst zu haben. Ganz und gar nicht. Ich sitze hier und genieße jeden Augenblick mit der Hingabe eines Sterbenden. Es ist ein ganz besonderes Gefühl. Plötzlich ist alles Treiben der Welt so Nichtig und es gibt nichts mehr, was mir Angst macht.“ Er stand auf. Durch die tief stehende Abendsonne zog sich sein Schatten lang. Er ging ganz nach vorne, ganz dicht an den Abgrund und breitete die Arme auseinander. „Und jeder Atemzug wird zu etwas ganz Bedeutsamen, als hätte er seine ganz eigene Welt. Sollte man nicht so leben? Ist es nicht das, was den anderen Menschen fehlt?“ Eddie schwieg. Ich lehnte den Kopf gegen den kalten Felsen. „Irgendwann werden wir alle drauf gehen. Früher oder später. Alle.“ „Auch Chuck Norris?“ giggelte Eddie. Johnny beachtete ihn gar nicht und begann auf der Kante des Felsvorsprunges, auf dem wir saßen, zu balancieren. „Die eigenen Schmerzen sind zu ertragen, aber die der anderen nicht. Was wenn ich jetzt abstürze? Würde es nicht Monate, Jahre des Leidens ersparen? …“ Er hielt inne „Wenn man weiß, dass man sterben wird, ist alles so viel einfacher.“ Er stand nur im T-Shirt da, sein Atem schlug weiße Wölkchen in den abendlichen Himmel. „Keine Regel hat mehr Gewicht. Keine Konvention“ Er lachte „Die Konsequenzen werde ich nie zu spüren bekommen.“ Er kam mit großen Schritten wieder auf mich zu. „Verstehst Du man?“ Wieder das Lachen. Ich zuckte mit den Schultern, anteilslos wie immer.
Am nächsten Tag war der Felsvorsprung verwaist. Und Johnnys Bett auch.
(c)
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