Montag, 10. Juni 2013
Hochsommmer.
„Das ist das letzte Mal, dass ich das gemacht habe.“
Es war halb zehn am Morgen und R hatte schon das Gefühl der Tag wäre vorbei.
Er schritt den nassen Bürgersteig entlang.
Die Rücklichter der vorbeifahrenden Autos spiegelten sich auf dem nassen Asphalt.
„Scheiße, man!“
An der nächsten Straßenecke wurde er lansamer.
Irgendwo hier kam der Geruch von Verbrannten her.
Von Verbrannten und von Mutlosigkeit.
Manch einer wird sich nun fragen, wie Mutlosigkeit riecht.
Süßlich.
Mit einer bitteren Note.
Wie Kakao. Mutlosigkeit ist wie zäher Kakao. Denkt R, während er unter einer Straßenlaterne stehenbleibt.
Sie brennt.
Wer war der Mensch, der-
- der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete?
R blickte sich um.
Niemand.
Der Regen fiel in sanften Güssen.
Bedeckte sein Haupt.
Durchtränkte sein Haar.
Seinen Schädel.
„Wer ist da?“
Anstatt zu antworten schaute R zu der Laterne empor.
Ein Tropfen traf ihn auf der Stirn.
Rann über sein Gesicht.
„Es hat verbrannt gerochen.“
„Ja.“
Neben ihm tauchte eine Gestalt auf.
Ganz vermummt.
„Es war so kalt.“
Kleine Wölkchen bildeten sich vor dem Gesicht der unbekannten Gestalt.
Hochsommer in der Innenstadt.
Ein Auto raste vorbei.
Ein neuer Porsche.
Er schien den Nassen Asphalt nicht zu berühren.
Wie die brennende Laterne.
R schüttelte den Kopf.
„Was sagst du da bloß.“
Kaugummi unter seinen Schuhsohlen.
Blut unter den Fingernägeln.
Er konnte diese Stadt nicht mehr ertragen. Keinen Moment lang.
„So bitter kalt.“ Stöhnend brabbelte die vermummte Gestalt.
Kalter Hass stieg in R auf.
Er wollte schreien.
Die brennende Laterne auf dem nassen Asphalt löschen.
Auslöschen.
Die brennenden Rücklichter des Neuwagens einschlagen.
Mit seinen eigenen Händen. Mit seinen bloßen Händen.
Er packte die Gestalt an der Kehle.
„Was bist du nur?“ knurrte er.
Ganz vermummt.
Starr.
Vor Kälte und Angst.
Vor Mutlosigkeit und kaltem Regen.
Hochsommer.
„Ich bin ein Mensch, so wie du…“ keuchte das stinkende Bündel.
Den Blick starr zur Laterne.
„So wie ich?“
R lachte und ließ von ihr ab.
R lachte und löschte die brennende Laterne auf dem Asphalt.
R lachte und schlug die Rücklichter des Neuwagens ein.
Mit bloßen Händen.
Ihm war nicht kalt.
Mit bloßen Händen, bloßem Geist.
Ohne Laterne.
Der durchtränkte Schädel auf nassem Asphalt.
Und R lachte.
(c)

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